Mittwoch, 22. April 2009

Hier beghine onser liever vrouwen ghetiden

   "Hier beginnt unserer Lieben Frau Gezeit" So könnte man den niederdeutschen Text übersetzen, der mit diesem kleinen Bild versehen ist. Der Text leitet ein Kleines Officium der Seligen Jungfrau Maria ein aus einem um 1500 entstandenen Stundenbuch..
   Das Officium parvum Beatae Mariae Virginis war nur ein Teil des "horarium", des Stundenbuchs, wenn auch der mit Abstand beliebteste. Ganze Kapellen hat man, unter anderem in Norddeutschland, nur diesem Gebet gewidmet. Bruderschaften wurden gegründet, deren einziger Zweck das regelmäßige Gebet des Officium parvum war, Sängerchöre wurden gestiftet, die einzig die Aufgabe hatten, zum Seelenheil ihres Stifters dieses Gebet zu singen. 
   Die Blütezeit der "Marientiden" begann im 15. Jahrhundert, vor allem gebildete und des Schreibens und Lesens kundige Laien widmeten sich diesem Gebet, zunächst als Ergänzung, dann als kleinere und für Laien leichter zu bewältigende Alternative zum Stundengebet der Kirche. Wie wohlhabend die Beter waren, läßt sich an der häufig prachtvollen und aufwendigen Gestaltung dieser Stundenbücher ablesen, die keineswegs Statussymbol, sondern vor allem Ausweis der Frömmigkeit und Devotion ihres Besitzers waren.
   Die Reformation beendete die Blüte dieser Gebetspraxis, auch die Modernisierung der Liturgie der katholischen Kirche tat ihren Teil dazu. Das motu proprio "Summorum Pontificum" Benedikts XVI hat nun einen Weg eröffnet, mit der "Rehabilitierung" des vorkonziliaren Breviers, auch diese alte, innige, marianische Gebetspraxis wiederzubeleben.

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