Montag, 21. Februar 2011

Heureka!

Wer sich mit den Hymnen des Stundengebets beschäftigt, wird nachvollziehen können, wann diese Hymnen gebetet wurden. Meist ist vom "Licht" die Rede und genau betrachtet ist nicht das geistliche, sondern schlicht das Sonnenlicht gemeint. "Praeco diei iam sonat" heißt es im Hymnus der laudes, "Schon ruft des Tages Herold" (gemeint ist der Hahn), und der ruft in der Morgendämmerung, also vor Sonnenaufgang; "Iam lucis orto sidere", heißt es in der Hymnus der Prim "Schon bricht des Tages Glanz hervor" übersetzt diesen Hymnus der deutsche Dichter Klepper - also ist die Sonne bereits aufgegangen; im Hymnus der Sext ist vom "ignibus meridiem", vom Feuer des Mittags die Rede; gleich dreimal kommt im Vesperhymnus in der ersten Strophe das Licht vor, das Wort Vesper selbst bedeutet sowohl Abend, wie auch Abendstern; "Te lucis ante terminum" bevor das Tageslicht verlöscht, also in der Abenddämmerung vor Einbruch der Dunkelheit singen wir die Komplet. Wann die Horen des Stundengebetes gesungen wurden, läßt sich damit schon an den Texten nachvollziehen, aber auch an den Sonnenuhren, die schon im ersten Jahrtausend an Kirchen und Klöstern angebracht wurde. Schließlich zeigen auch die großartigen astrologischen Uhren, die seit dem 14. Jahrhundert in den großen Kirchen vor allem Nordeuropas gebaut wurden, daß man sich bei den Stundengebeten noch sehr lange Zeit an der alten römischen Zeiteinteilung orientierte, den temporalen Stunden.
    Die Laudes wurde in der Morgendämmerung gesungen, gehört also streng genommen noch zu den nächtlichen Offizien, die Prim zu Beginn der ersten Stunde des Tages nach Sonnenaufgang, die Sext am Mittag, zum Zeitpunkt des höchsten Standes der Sonne, die Vesper bei Sonnenuntergang, die Komplet in der Abenddämmerung. Wer also das Stundengebet "zur rechten Zeit" singen will, muß sich schon eine Sonnenuhr beschaffen. Nun hatte man im von der Sonne wenig verwöhnten Nordeuropa aber spätestens seit der ersten Jahrtausendwende eine praktischere Lösung, Wasseruhren, (klepshydra), dann mechanische Uhren, schließlich die großen astrologischen Uhren. Mit der neuen Zeiteinteilung in 24 gleich lange Stunden, war dieser Vorteil aber für die Beter wieder dahin. Und mit der Umstellung auch Zeitzonen hat "12 Uhr" nun endgültig nicht mehr die Bedeutung, daß die Sonne in ihren Zenit steht.
    Wir haben es da einfacher, dank GPS und Computer. So gibt es für das IPhone zwei wundervolle Programme, mit denen man die "alten Zeiten" zurückholen kann. Astrock simuliert auf dem IPhone eine astronomische Uhr ganz im Stil der großen astronomischen Uhren (Nord)Europas. JPClock simuliert eine japanische Wadokei-Uhr der Edo-Epoche (17. - bis 19.) Jahrhundert. Auch im Japan des Barockzeitalters bevorzugte man noch die "temporale" Zeiteinteilung, Öl für Lampen war rar und teuer, die sparsamen Japaner verlegten daher ihre Arbeitszeit auf den Tag. Die Tageszeit wurde zwar in sechs "Tiden" und nicht in zwölf Stunden aufgeteilt, aber für unsere Zwecke genügt diese kleine Uhr vollkommen.